63. Business Lunch
22.04.2024

Quadrat AG: Kreislauffähigkeit in der Architektur

Kreislaufwirtschaft im Quadrat? Das klingt vielleicht paradox. Aber die Quadratur des Kreises funktioniert in diesem Fall sehr erfolgreich, davon konnten sich die rund 60 Gäste am 63. Business Lunch bei der Quadrat AG überzeugen. Adrian Stiefel, Leiter des Amts für Umweltschutz der Stadt Bern, begrüsste die Anwesenden und zeigte sich beeindruckt durch die verschiedenen Tätigkeiten des «Multifunktionsunternehmens» Quadrat AG. Er präsentierte zudem den druckfrischen Jahresbericht 2023 der Klimaplattform der Wirtschaft und bedankte sich bei allen Partnerunternehmen für ihr Engagement und die umgesetzten Projekte. Damit sei wieder ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaziele der Stadt Bern geleistet worden. 

Das Quadrat betrieb schon vor 30 Jahren Kreislaufwirtschaft, lange bevor dieser Begriff in Mode kam. Wie das konkret geht, erfuhren die Gäste des Business Lunch an drei spannenden Inputs.

Manuel Wyss, langjähriger Projekt- und Bauleiter, schilderte anhand von verschiedenen Beispielen, wie vor 14 Jahren aus einer fensterlosen Lagerhalle die heutigen Räumlichkeiten des Quadrats wurden: Die grossen Fenster wurden Occasion gekauft, ebenso die Aussentreppe, welche zuvor der Kambly-Fabrik gehörte, oder drei Glastüren aus dem Bahnhof Biel. Fast alle Materialien tragen eine Geschichte in sich. Das Konzept war von Beginn an, möglichst wenig Material neu zu kaufen, sondern mit Gebrauchtem zu arbeiten. Dies einerseits aus der festen Überzeugung, dass Wiederverwenden besser ist als Wegwerfen, andererseits aber auch aus wirtschaftlichen Gründen: So mussten nur rund 10% des Warenwerts bezahlt werden. Anstatt in Material wurde in Arbeitsstunden investiert; handwerkliches Geschick, Fachkenntnisse und Fantasie waren gefragt, wenn es darum ging, Altes sinnvoll wiederzuverbauen. So entstanden in viel Handarbeit die heutigen Räumlichkeiten mit ihrem stylishen Industrie-Flair.

Nach dieser Rückschau auf die Anfänge warf Dan Hodler, Gründer und Inhaber der Quadrat AG, einen Blick in die Zukunft. Das visionäre Werkstadthaus, welches in Ostermundigen ab 2026 gebaut werden soll, steht für eine neuartige Herangehensweise ans Planen und Bauen. 69 Meter hoch, in Massivholzbauweise errichtet, mit übereinandergestapelten funktionalen Einheiten für Wohnen, Arbeiten, Kreativität und Kultur - gleichsam eine «vertikale Stadt». Ein raffiniertes Konzept aus umlaufenden Laubengängen schützt die Holzfassade vor Witterungseinflüssen und reguliert die Temperaturen. Es schafft ein verspieltes, visuelles Erscheinungsbild und ermöglicht es, dahinter völlig unterschiedliche Fenstergrössen und -formen zu platzieren. Denn auch im Werkstadthaus sollen - wie in den jetzigen Räumlichkeiten des Quadrats - primär Occasion-Fenster und -materialien verbaut werden: Natürliche Baustoffe, ein Minimum an Haustechnik, optimale Dämmung und geschicktes Energiemanagement und ein verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoffen gemäss dem Kreislaufgedanke von Cradle to Cradle.
Mut, visionäres Denken, Umgang mit Unsicherheiten und eine Portion Risikobereitschaft gehörten dazu, um ein solches Projekt anzupacken, gestand Dan Hodler. Aber er sei zuversichtlich, das Projekt stosse allerseits auf grosses Interesse und erhalte auch von den Behörden viel Rückhalt. Gut möglich, dass in fünf Jahren in Ostermundigen ein einzigartiger Pionierbau stehen wird, ein Vorbild für nachhaltige Architektur und für zukunftsfähige Lebensformen. 

Dass die Quadrat AG weit mehr ist als 'nur' ein Architekturbüro, das erfuhren die Gäste im dritten Input von Cristine Haenni, Innenarchitektin und zuständig für den Verkauf der Occasion-Designmöbel: Nebst dem Möbelladen findet auch eine Reparaturwerkstatt Platz, die Ausstellungsfläche wird als Coworkingspace genutzt und als Seminarlocation mit diversen Sitzungszimmern vermietet. Die Räumlichkeiten werden zudem für ein Sprachencafé, Yoga und für den beliebten Sonntags-Brunch, organisiert von Senior*innen,  zur Verfügung gestellt, die Gastroküche wird an Pop-Ups vermietet und einmal im Monat finden öffentliche und kostenlose Cradle to Cradle Events statt, wo es um Kreislauffähigkeit in den unterschiedlichsten Branchen geht. 

Die Quadrat AG beeindruckte mit visionären Ideen, Offenheit und viel Herzblut für neue Herangehensweisen in der Architektur und darüber hinaus. Zu diesem Gesamtkonzept passte auch bestens das Essen von Aplati, das derzeit ein Popup-Restaurant im Quadrat betreibt: überaus lecker, lokal und regional, zum Teil aus Foodsave-Gemüse - ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit.